Feiertag und Therapie, oder doch nicht

Juni 2, 2011 - Lesezeit: 2 Minuten

Vatertag, Christi Himmelfahrt - wie auch immer, spielt in dieser Familie sowieso keine Rolle. Eigentlich wäre heute Chemo, aber das ist in mehrfacher Hinsicht unsicher. Johanna hat leider irgendwo einen Virus aufgegabelt und gestern mal eben kurz gefiebert. Weil ich sowieso ein blödes Gefühl habe, ruf ich auf Station an und siehe da, keiner weiss, dass wir heute kommen sollten. Die zweite Überraschung, sie haben keine freien Betten, zur Abwechslung diesmal wegen Personalmangel. Da kommt der Virus gerade recht, aber Abhorchen und Blutbild ist trotzdem nötig, finde ich und auch der Onkologe. Also ab ins Auto und rein in den Feiertagsverkehr.

Die Untersuchung ergibt, dass Johanna recht gute Chancen hat, es auch ohne Antibiose hinzukriegen. Mein Glückwunsch ans Immunsystem! Dafür stellt sich ein größerer blauer Fleck am Schienbein als kleine Einblutung heraus. Da wäre sie dann - die erste sichtbare Nebenwirkung der Therapie. Noch kein ernsthafter Grund zur Sorge. Ich schwanke zwischen „endlich sieht man mal eine Wirkung“ und „hoffentlich wird es nicht schlimmer". Jo bekommt ja schnell mal blaue Flecken. Sie torkelt nun mal durch die Welt, da bleiben Kollisionen nicht aus. Schmerzhaft scheint das nicht zu sein, es sieht halt nur schlimm aus. Nun muss neben dem Blutdruck, eben auch noch die Haut genauestens überwacht werden. Auf dem Weg nach Hause überwiegt dann die Freude nun doch am gemeinsamen Grillabend mit der Familie teilnehmen zu können, draußen im Garten bei Oma und Opa. So wird es dann doch noch ein schöner Feiertag und Johanna genießt das schöne Wetter. Der Abend wird nur getrübt von einem weiteren Fieberanstieg und dem Gedanken, dass ich heute keinen Nachtdienst habe. So kurzfristig war kein Pflegedienst mehr zu kriegen, denn auch die wollen "feiern". Bei Inhalationen mindestens 3 mal in der Nacht werde ich wohl nicht viel Schlaf kriegen. Es gibt noch einen Lichtblick an diesem Abend. Trotz Fieber lässt es sich Johanna nicht nehmen, ihrer fast 13jährigen Cousine vorzulesen. Jana ist beeindruckt, wie ausdrucksvoll Johanna schon vorliest, wir übrigens auch. Immer häufiger überrascht sie uns nun auch mit aufgeschnappten Englischvokabeln. Ihr Verstand spurtet vorwärts, egal was passiert.

About

Ich bin Daniela und habe diesen Block begonnen, um die Chemotherapie unserer Tochter Johanna zu dokumentieren. Dass daraus ein Blog über die Verarbeitung von Trauer über den Verlust des eigenen Kindes werden würde, hab ich nicht vorausgesehen. Hier möchte ich ihre Geschichte erzählen, damit sie nicht vergessen wird. Aber vielleicht kann ich anderen Betroffenen auch ein wenig helfen.