Ein Geburtstagsbrief für Johanna

November 23, 2016 - Lesezeit: 4 Minuten

Liebe Johanna,

Wieder ein Geburtstag ohne Dich, Dein Vierzehnter. So sehr ich mich auch bemühe, diesmal fällt es schwer, mir vorzustellen, wie Du jetzt aussehen würdest. Gross und kräftig vielleicht, ein wenig schlaksig, weil Du - im Gegensatz zu den anderen Frauen in dieser Familie - die magische Marke von 1,60 m überschritten hast, und mit langen rotblonden Haaren natürlich, die sich noch immer nur schwer bändigen lassen. Würdest Du laufen oder im Rollstuhl sitzen? Selbst wenn der Sommer vor 5 Jahren anders verlaufen wäre und Du bei uns geblieben wärst, Deine Erkrankung hätte Dich begleitet. Unser Onkologe erzählte uns damals - bevor alles aus dem Ruder lief - von einem neuen Medikament in der Testphase, das die Wachstumssignale des Tumors vielleicht blockieren könnte. Damit hättest Du vielleicht leben können. Weiterlesen


Erinnerungen an das Geburtstagskind und die Torte, die es nie gab

November 23, 2014 - Lesezeit: 10 Minuten

Geburtstage sind immer besonders, gerade beim eigenen Kind. Man schwelgt in Erinnerungen und freut sich auf die Zukunft, das nächste Jahr, den nächsten Schritt. Doch wo keine Zukunft mehr ist, bleibt die Erinnerung, so hell und klar, als wäre es gestern gewesen. Der Tag ihrer Geburt, ein Sonntag und sie hatte es furchtbar eilig, auf diese Welt zu kommen, als wüßte sie, dass ihr nur eine kurze Zeit bleibt. Sie war ein Sternengucker. Das sind ganz besondere Menschen, sagte uns damals die Hebamme. Sie sollte recht behalten. Weiterlesen


Unser rätselhaftes Kind

Juli 16, 2012 - Lesezeit: 7 Minuten

Es ist Juli. Letztes Jahr um diese Zeit waren wir noch im Urlaub im Allgäu. Wir haben einen Ausflug mit der Seilbahn gemacht bei fantastischem Wetter. Die Kinder waren gut gelaunt und Johanna sprachlos vor Staunen über diese riesigen Berge – logisch, denn in Berlin gibt’s sowas nicht. Die pralle Sonne da oben hatten wir natürlich unterschätzt, genau wie die Tatsache, dass es bei solchen Steigungen schon mal anstrengend werden kann, ein Kind im Rollstuhl zu transportieren. Aber es war trotz allem ein rundum gelungener Tag, nur dass wir am Abend recht unsanft auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt wurden. Johanna klagte über Kopfschmerzen. Mein erster Gedanke war, es war falsch, mit ihr ins so grosser Höhe unterwegs zu sein. Andererseits gibt es Kinder, die trotz Shunt mit dem Flugzeug in den Urlaub fliegen, versuchte ich mich zu beruhigen. Bei all ihren medizinischen Problemen und der Schwere der Erkrankung war es eigentlich immer recht unkompliziert mit ihr unterwegs zu sein.  An das Mitschleppen der Medizintechnik hatten wir uns über die Jahre schon gewöhnt, das passierte schon automatisch. Da kann man schon mal "vergessen", dass das Kind einen Shunt hat. Johanna selbst blühte bei solchen Ausflügen immer auf. Sie liebte es draussen zu sein. Gerade die Fahrt mit der Seilbahn war für sie ein unglaubliches Erlebnis und erst die Aussicht, ein Stückchen Himmel zum Greifen nah. Weiterlesen


Sehnsucht

März 15, 2012 - Lesezeit: 5 Minuten

Jeder Morgen beginnt mit dem Gedanken an Johanna, begleitet mich den ganzen Tag bis ich abends ins Bett falle, meist erst spät in der Nacht. Es fällt mir immer noch schwer einzuschlafen. Zu viel ist anders geworden. Dieser Alltag fühlt sich oft falsch an. So normal. Kein Pflegedienst sitzt nachts in der Küche, das brummende Geräusch des Sauerstoffgerätes fehlt schon lange, so wie das Piepen des Monitors. Als ich anfing zu schreiben, waren unsere Tage ausgefüllt, der Terminplaner quoll über, eine logistische Herausforderung, ein Drahtseilakt. Der tägliche Kampf mit der Erkrankung, das Ringen um ihr Leben, um ihre Chance, trotz allem Kind zu sein, unsere Tochter zu sein und zu bleiben, wie sie war, voller Lebensfreude und schier unerschöpflicher Energie und plötzlich ist alles vorbei. Weiterlesen


About

Ich bin Daniela und habe diesen Block begonnen, um die Chemotherapie unserer Tochter Johanna zu dokumentieren. Dass daraus ein Blog über die Verarbeitung von Trauer über den Verlust des eigenen Kindes werden würde, hab ich nicht vorausgesehen. Hier möchte ich ihre Geschichte erzählen, damit sie nicht vergessen wird. Aber vielleicht kann ich anderen Betroffenen auch ein wenig helfen.