Wieder ein Geburtstag ohne Dich, der Achte inzwischen. Nun bist Du fast genauso lange fort, wie Du bei uns gelebt hast. Ich hab nachgerechnet: 8 Jahre 8 Monate und ein paar Tage - 16 um genau zu sein. So alt bist Du gewesen an diesem 9. August 2011. Deiner Schwester hatte ich zum 16ten ein kleines Album geschenkt mit 16 Porträtaufnahmen – für jedes Lebensjahr eine. Ich weiß noch genau, wie gerührt ich war, sie so noch einmal zu sehen. Angefangen mit dem winzigen Babygesicht bis hin zu dem hübschen jungen Teenager. Die Veränderung war beeindruckend und doch schaute aus jedem Bild unverkennbar Mascha heraus. Heute ist sie 19, also erwachsen, etwas, was für Dich nie möglich erschien und doch haben wir uns nichts mehr gewünscht. Ich habe in den letzten Jahren oft versucht, mir Dich vorzustellen und es fällt mir von Jahr zu Jahr schwerer. Wenn ich Deinen Vater ansehe, denke ich oft, Du könntest ihm noch ähnlicher sein als damals, vielleicht nicht ganz so groß, doch mit langen Beinen – und natürlich ohne Bart, aber mit langen rotblonden Locken. Zumindest die störrischen Haare hattest Du ja von mir. Ab hier fängt es an schwierig zu werden und es schmerzt, nachzudenken über etwas, das man nicht haben kann, nie haben wird.
Es ist ein sehr heißer Sommer, Berlin ächzt unter der Hitze und auf Johanna´s Grab wächst Klee. Mit ganz kleinen Pflänzchen hat es angefangen und ich hab sie stehen lassen. Es erschien mir irgendwie passend. Nun breitet sich der Klee wie ein schützender Teppich zwischen den bunten Blümchen aus, die wir gepflanzt haben. Ein Lächeln auf dem Gesicht denke ich mir, das wird ihr gefallen, ich seh sie vor mir, auf einer Blumenwiese hält sie die Hände schützend über ein Gänseblümchen und freut sich: „Guck mal, so ein schönes Blümchen“. Wie behutsam sie manchmal über die Wiese ging, denn sie wollte kein Blümchen zertreten und keinen Käfer verletzen. Das war natürlich nicht immer so, aber doch so oft, dass es mir in Erinnerung geblieben ist. Weiterlesen
Liebe Johanna,
Wieder ein Geburtstag ohne Dich, Dein Vierzehnter. So sehr ich mich auch bemühe, diesmal fällt es schwer, mir vorzustellen, wie Du jetzt aussehen würdest. Gross und kräftig vielleicht, ein wenig schlaksig, weil Du - im Gegensatz zu den anderen Frauen in dieser Familie - die magische Marke von 1,60 m überschritten hast, und mit langen rotblonden Haaren natürlich, die sich noch immer nur schwer bändigen lassen. Würdest Du laufen oder im Rollstuhl sitzen? Selbst wenn der Sommer vor 5 Jahren anders verlaufen wäre und Du bei uns geblieben wärst, Deine Erkrankung hätte Dich begleitet. Unser Onkologe erzählte uns damals - bevor alles aus dem Ruder lief - von einem neuen Medikament in der Testphase, das die Wachstumssignale des Tumors vielleicht blockieren könnte. Damit hättest Du vielleicht leben können. Weiterlesen
Dieser Sommer ist anders - anders, weil mich Geschichten von Johanna erreichen, ohne dass ich danach gefragt habe. Es beginnt mit Grüßen aus dem Allgäu. Unsere Freunde aus Jena sind mit ihren beiden Mädchen gerade im Kinderhospiz St. Nikolaus. Mit ihnen hatten wir fünf Jahre zuvor genau dort gemeinsam Urlaub gemacht, das erste und leider einzige Mal. Natürlich schicken sie mir ein Foto unserer Findus-Fahne aus dem Erinnerungsgarten. Ich bin erstaunt, wie gut man den Kater noch erkennen kann. Die Sonne und Johanna´s Daten sind inzwischen verblasst. Doch schlimm finde ich das nicht, eher angemessen. Ganz automatisch erinnere ich mich daran, wie ich nahezu fieberhaft diese Fahne genäht habe. Vom Entwurf bis zur Fertigstellung vergingen nur 3 Tage. Natürlich musste es der Kater Findus sein, denn Johanna liebte die Geschichten von Findus und dem alten Petterson. Die fertige Fahne wurde dann an die Pinnwand gehängt als Symbol dafür, dass ihr Besitzer gerade im Haus zu Gast ist. Nach unserer Abfahrt ist sie sicher neben die vielen anderen Fahnen unter die Decke gehangen worden. Ich fand das damals beeindruckend und schön, weil sich die Fahnen wie eine Girlande durchs Haus zogen. Es sah so bunt und fröhlich aus. Weiterlesen
Der Tag kommt näher, an dem sie uns verlassen hat. Unfassbar, wie die Jahre so vorüberziehen. Ich wollte damals die Welt anhalten, wenigstens für einen Moment sollte sie stillstehen, als ihr Herz aufhörte zu schlagen. Es konnte doch nicht sein, dass das Leben weitergeht ohne sie. Aber die Jahre sind vergangen, einfach so. Weiterlesen